Stress – Depression durch einen Serotonin-Mangel?

Immer wiederkehrende, belastende Stresssituationen können zu einer Depression führen. Bisherige Untersuchungen bestätigen, dass die mit Stressbelastungen einhergehenden hohen Cortisolspiegel im Blut ganz wesentlich zur Entwicklung einer Depression beitragen. Wenig untersucht ist hingegen bisher die Rolle des Tryptophans bei dieser stressbedingten Form einer Depression. Die Aminosäure Tryptophan ist die Vorläufersubstanz für die Bildung von Serotonin im Gehirn. Steht dem Gehirn zu wenig Tryptophan zur Verfügung, ist die Serotoninbildung eingeschränkt und es können sich unter bestimmten Voraussetzungen Symptome einer Depression einstellen.

Eine aktuelle Untersuchung der Forschungsgruppe um Frau Dr. Kiank aus Greifswald (Kiank et al. 2010) konnte den Nachweis erbringen, dass wiederholte Stresssituationen zu einem relativen Tryptophanmangel mit einer nachfolgend verringerten Serotoninbildung führen. Die Ursache für dieses verminderte Tryptophanangebot liegt den Untersuchungen zufolge in der Aktivierung eines Enzyms (Indolamin-2,3-Dioxygenase, IDO), welches Tryptophan abbaut, bevor es zur Serotoninbildung zur Verfügung steht.

Wichtigster Behandlungsansatz, um dieser Form der Depression vorzubeugen, liegt in der Vermeidung von Stress.

Leider lässt sich Stress nicht immer verhindern. Es sind demnach Wege gefragt, wie man trotz Dauerstress der Entstehung einer Depression vorbeugen kann. Ein weiterer möglicher Behandlungsansatz wäre es, dem Körper zusätzlich Tryptophan anzubieten, damit es gar nicht erst zu einem Serotoninmangel kommt.

Dies könnte über die Zufuhr besonders tryptophanhaltiger Nahrungsmittel erfolgen. Verschiedene Studien zeigen jedoch, dass dieser Weg das Tryptophanangebot für die Serotoninbildung im Gehirn nicht in ausreichendem Maße erhöht. Es liegen jedoch Hinweise vor, dass die Anreicherung der täglichen Nahrung mit dem sehr tryptophanreichen Molkeprotein sich positiv auf die Serotoninbildung auswirkt. Alternativ kann die Aminosäure Tryptophan in Tablettenform (z.B. Tryptophan Ratiopharm , 500 mg pro Tablette, nicht verschreibungspflichtig) zugeführt werden (Link: hier finden Sie Informationen zur Dosierung). Darüber hinaus besteht die Möglichkeit medikamentös eine Vorstufe des Serotonins, das 5-Hydroxy-Tryptophan (5-HTP) anzuwenden.

Fazit:

Es scheint plausibel, in besonders stressreichen Phasen dem Körper mehr Tryptophan anzubieten, um eine Entwicklung hin zu einer Depression zu verhindern. Bisher liegen allerdings keine überzeugenden klinischen Studien vor, die die Wirksamkeit dieses Vorgehens belegen.

Bei der saisonal abhängige Depression (SAD), der so genannten Winterdepression, verschlechtert sich aufgrund der verkürzten Tage mit fehlendem Tageslichteinfluss die Stimmungslage empfindlicher Menschen. Neben der in seiner Wirksamkeit gut belegten Lichttherapie (10.000 Lux für mind. 30 Min) scheint auch hier die Tryptophan-Gabe einen zusätzlichen positiven Effekt zu haben (Lam et al. 1997). Es liegen zudem Hinweise vor, dass sich eine Tryptophan-Gabe positiv auf kognitive Fähigkeiten auswirkt (Haider et al. 2006).

Ein wesentlicher Unterschied von Tryptophan im Vergleich zu den als Therapiestandard für depressive Erkrankungen geltenden Serotonin-Wiederaufnahmehemmern besteht in der Zeit bis zum Wirkungseintritt. Während die Tryptophan-Wirkung auf die Symptomatik in der Regel bereits nach ca. einer Woche nachweisbar ist (Levitan et al. 2000), benötigen die Serotonin-Wiederaufnahmehemmer deutlich länger (2 – 3 Wochen) bis die Patienten über eine Besserung der Beschwerden berichten. Es liegen zudem Hinweise vor, dass die sich die Wirkung von Serotonin-Wiederaufnahmehemmern durch die zusätzliche Gabe von Tryptophan steigern lässt (Lowe et al. 2006, Levitan et al. 2000).

 

Unter welchen Tryptophan-Dosierungen kann eine ausreichende therapeutische Wirkung erwartet werden?

Der als sicher und wirksam bewertete Dosisbereich von Tryptophan wird mit 0,4 – 4 g täglich angegeben (Monographie L-Tryptophan). In zahlreichen Studien zur Behandlung der Depression mit Tryptophan wurden Dosierungen von täglich 6 g verabreicht (Herrington et al. 1974, D’Elia et al. 1977, Steinberg et al. 1999). Als ergänzende Therapie wurde Tryptophan auch in Dosierungen von 3 g täglich erfolgreich eingesetzt (Lam et al. 1997). Als Schlafmittel sind hingegen bereits Dosen von ≥ 1 g ausreichend wirksam. Die wiederholte Gabe von täglich 1,5 – 3 g Tryptophan über ca. 2 bis 3 Wochen scheint ausreichend, um einen relativen zentralen Serotoninmangel auszugleichen und um positive Veränderungen anzustoßen (aan het Rot et al. 2006).

Eine tägliche Dosis von 1,5 g Tryptophan ist allerdings nur dann ausreichend, wenn die Rahmenbedingungen der Aufnahme so gestaltet sind, dass hohe Konzentrationen an freiem Tryptophan an der Blut-Hirn-Schranke über einen ausreichend langen Zeitraum wirksam sind. Die Einnahme von z.B. 1,5 g Tryptophan zusammen mit einer normalen Mahlzeit sind nicht geeignet, das Angebot an freiem Tryptophan an der B-H-Schranke entscheidend zu erhöhen.

Grundsätzlich ist die Aufnahme von Tryptophan zusammen mit eiweißhaltigen Nahrungsmitteln ungeeignet die zentrale Serotoninsynthese wesentlich zu beeinflussen. Dementsprechend sind 1,5 – 3 g tägliche Tryptophan-Gabe nur dann ausreichend, wenn die Einnahme im nüchternen Zustand, d.h. > 3 Std. nach der letzten und frühestens 2 Std. vor der nächsten Mahlzeit erfolgt. Weiter optimiert wird die Konzentration an freiem Tryptophan , wenn die Tryptophan-Einnahme nach einer längeren Nüchternphase (am Morgen vor der ersten Mahlzeit) stattfindet. Unter einer langandauernden Ausdauerbelastung (z.B. Laufen oder Radfahren), ohne zwischenzeitliche Energiezufuhr, werden nahezu optimale Bedingungen erreicht, um die Aufnahme ins ZNS und die zentrale Serotoninsynthese zu stimulieren (Chaouloff 1997).

Quelle: https://tryptophan-dosierung.blogspot.de/

 

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