Sich krank oder gesund denken – geht das? Ja! Und es gibt sogar einen Fachbegriff dafür: die Psychoneuroimmunologie.
Psychoneuroimmunologie
Die Psychoneuroimmunologie (PNI) oder Psychoimmunologie ist ein interdisziplinäres Forschungsgebiet, das sich mit der Wechselwirkung der Psyche, des Nervensystems und des Immunsystems beschäftigt. Ein Nachbargebiet ist die Psychoneuroendokrinologie, das außerdem die Wechselwirkungen des Hormonsystems mit einbezieht.
Das Forschungsgebiet wurde etabliert, nachdem der amerikanische Psychologe Robert Ader (1932–2011) 1974 experimentell nachwies, dass das Immunsystem mit dem zentralen Nervensystem zusammenarbeitet und lernen kann. Seitdem ist es zu einem der bedeutendsten Gebiete moderner medizinischer Forschung geworden.
Eine Grundlage ist die Erkenntnis, dass Botenstoffe des Nervensystems auf das Immunsystem und Botenstoffe des Immunsystems auf das Nervensystem wirken. Schnittstellen der Regelkreise sind das Gehirn mit der Hirnanhangdrüse, die Nebennieren und die Immunzellen. Beispielsweise besitzen Neuropeptide die Eigenschaft, an Immunzellen anzudocken und z. B. die Geschwindigkeit als auch Bewegungsrichtung von Makrophagen zu beeinflussen.
Durch diese Grundlage werden Erklärungen möglich, warum psychologische und psychotherapeutische Prozesse sich nachweisbar auf körperliche Funktionen auswirken (Psychosomatik). Im Mittelpunkt steht die Wirkung der Psyche auf das Immunsystem, z. B. warum Stress Immunfaktoren negativ beeinflussen kann.
(Quelle Wikipedia )
Versuche der Forschung
Im Jahr 1957 wies Rasmussen nach, dass Stress bei Mäusen die Anfälligkeit für Infektionen mit Herpes simplex erhöht.
Abhängigkeiten der Immunzellen von der Psyche:
Nachgewiesen ist das Absinken der Konzentration von sekretorischem Immunglobulin A im Speichel und die vermehrte Ausschüttung von Glukokortikoiden (wirken als Immunsuppressiva) bei chronischem Stress. Kortikosteroide hemmen die Zytokin-Produktion, mindern die Reaktivität von T- und B-Lymphozyten und die Aktivität der natürlichen Killerzellen.
Durch die verschlechterten Immunfaktoren steigt die Infektionshäufigkeit und es kann die Entstehung bzw. Verschlechterung von Krankheiten begünstigt werden. Dies wird als „Open-Window-Phänomen“ bezeichnet, d. h. ein geschwächtes Immunsystem kann Krankheitserreger nicht mehr ausreichend beseitigen.
Sich krank oder gesund denken
Optimismus
Menschen mit einer optimistischen Lebenseinstellung gehen davon aus, dass alles ein gutes Ende finden wird. Verschiedene Studien konnten zeigen, dass Optimismus die Funktionen des Immunsystems verstärkt und die negativen Auswirkungen von Ängsten abmildert.In mehreren Studien wurde nachgewiesen, dass Optimismus mit einem langsameren Krankheitsverlauf bei HIV-positiven Patienten einhergeht. Umgekehrt wurde bei Patienten, die sich selbst aufgegeben haben, eine schnellere Verschlechterung des Gesamtzustandes beobachtet. Langzeituntersuchungen an HIV-positiven Patienten zeigten, dass z.B. die NK-Zellen eine höhere Toxizität und eine höhere Aktivität aufweisen.
Selbstwert
Unter Selbstwert versteht man den Eindruck oder die Bewertung, die man von sich selbst hat. In einer Studie konnte nachgewiesen werden, dass nach einer Röteln-Infektion die Anzahl der Antikörper mit einem höheren Selbstwert der Patienten korreliert.
Selbstwirksamkeit
Als Selbstwirksamkeit bezeichnet man den Glauben, aufgrund eigener Kompetenzen gewünschte Handlungen erfolgreich selbst ausführen zu können. Es gibt Gemeinsamkeiten zum Optimismus, der ganz allgemein an ein gutes Ende aller Dinge glaubt. Bei der Selbstwirksamkeit liegt der Schwerpunkt jedoch auf dem Glauben an die eigene Fähigkeit, das gute Ende herbeiführen zu können.
Untersuchungen liegen hier ebenfalls aus dem Bereich der HIV-Forschung vor. Es wurde nachgewiesen, dass Patienten mit einer hohen Selbstwirksamkeit eine geringere Konzentration von Viren im Blut aufweisen, eine weniger häufige Ausprägung der AIDS-Symptome und eine geringere Sterblichkeitsrate aufweisen. (Sie denken sich also gesund.)
Soziale Bindungen
Die Bindungstheorie geht davon aus, dass Menschen ein angeborenes Bedürfnis haben, enge und von intensiven Gefühlen geprägte Beziehungen zu Mitmenschen aufzubauen. Das Erleben sozialer Unterstützung gibt Anerkennung, Identität, Zugehörigkeit und Sicherheit.
Durch mehrere Studien wurde nachgewiesen, dass die soziale Unterstützung durch Freunde und Familie korreliert mit einer hohen Anzahl von NK-Zellen sowie einem guten Gleichgewicht diverser am Immunsystem beteiligten Zellen. In psychisch belastenden Situationen wirken sich gute soziale Beziehungen stimulierend auf die erworbene Immunität aus.
Versuchspersonen, die mit Erkältungsviren in Kontakt gebracht wurden, erkrankten mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit an einer Erkältung, wenn sie über eine größere soziale Aufgeschlossenheit verfügten.
Positive Gefühle
Gefühle der Dankbarkeit, der Fröhlichkeit, der Begeisterung und des Stolzes haben nicht nur Auswirkungen auf schnellere Heilungserfolge nach Verletzungen oder Operationen, sondern auch auf die Effektivität und Regulierung des Immunsystems. Bei HIV-infizierten Männern konnte eine geringere Sterblichkeitsrate nachgewiesen werden. Allgemein wurde eine höhere Resistenz gegen Rhinoviren, die Erreger von Schnupfen und Erkältung festgestellt.
Wenn negative Gefühle vorherrschend sind, so zeigt sich eine Tendenz zu einem Verlust der Balance im Immunsystem an verschiedenen Stellen. Die Folge ist, dass das gesamte System nicht mehr so effektiv arbeiten kann und demzufolge Infektionen nicht so schnell erkannt und bekämpft werden können. (Wir denken uns krank.)