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Einleitend  möchte ich Robert Betz zitieren:

„Am Ende ihres Lebens denken sehr viele Menschen voll Reue und Bedauern: „ Ich hätte mein Leben nicht an den Erwartungen anderer ausrichten sollen“. Und sterben im Groll und im Unfrieden mit sich selbst. Sorge ab jetzt dafür, dass es bei dir nicht so sein wird“

(www.robert-betz.com/MeinGedankeFuerDenTag )

 

Ich persönlich bin ein großer Fan von Robert Betz, habe alles, und zwar mehrfach gehört, manches gesehen, einiges gelesen. Mir hat das viel geholfen. Mit der Zeit und meiner Öffnung war ich aber mehr und mehr in der Lage auch mal solche und andere Aussagen von ihm zu differenzieren.

Ich weiß, dass man als Redner und Publizist Worte und Sätze finden sollte, die die breite Masse direkt anspricht und somit (erstmal) erreicht. Der Grundtenor muss stimmen, Feinheiten bzw. auch Korrekturen kommen im Nachgang. Manchmal.

Es können nicht immer alle Relativierungen, Bedingungen und  Ausnahmen im Detail vorgetragen werden, und so kann es sein dass der Zuhörer zu extrem nach so einem Vortrag in die Handlung geht. Betz sagt bspw. nicht, dass man jeden ohne Feingefühl beleidigen kann und darf weil es ja ausschließlich ein Empfängerproblem ist. Die Aussage „Verletzen kann man nur sich selber“ ist kein Freifahrtsschein andere verletzen zu dürfen. Nun zurück zum Thema:

„Sich von den Erwartungen der anderen lösen“ oder gar ganz immun dagegen zu sein, wird als Lösung propagiert. Als eine generelle Lösung.

Sollte man sich von Erwartungen in einer Beziehung lösen?

Vom eigenen Standpunkt aus ist dies immer eine gute Lösung. Frei zu sein von aufgesetzten Pflichten, das „Funktionieren“ für andere, weg vom Apell (Schulz von Thun).

„Eine Beziehung/Partnerschaft ist ein Geben und Nehmen“. Diese Aussage ist per se nicht unrichtig. Wer sie als falsch interpretiert, geht nicht ins Detail: Es ist die Frage der Dosis. Die Dosis macht bekanntlich das Gift. Wie viel gibt man? Wie viel nimmt man? Bewusst, und auch unbewusst? Viele behaupten, sie würden viel geben, aber nie oder sehr wenig nehmen. Weil ihnen nicht bewusst ist, dass oder wie viel sie nehmen. Das „Nehmen“ ist nämlich manchmal sehr subtil und komplex, und daher erst Recht in der Subjektivität schwer selber erkennbar.

Eine weitere Frage ist die Motivation des Gebens und auch des Nehmens: „Wer gibt, um nehmen zu können, wird u.U. irgendwann enttäuscht werden.“ sagt auch Betz in vielen seiner Vorträge. Viele sind sich gar nicht bewusst, dass sie deswegen geben, und beschweren sich dann dass sie (subjektiv) zu wenig zurück bekommen.

Hinzu kommt Frage des Verhältnisses. In der Tat gibt es Menschen, die geben mehr, nehmen weniger, und umgekehrt. Gibt es dafür eine Begründung? Liegt es daran, dass der Gegenüber egoistisch ist? Oder sind das Mechanismen, Konditionierungen, die demjenigen nicht bewusst sind? Vielleicht geschieht eine vermeintliche Ungerechtigkeit nicht bewusst?

Es gibt Menschen die ihr „Geben“ aufgrund solcher Aussagen (inhaltlich) „nicht der Erwartungshaltung Genüge zu tun“ dann stark reduzieren. Oftmals zu stark. „Du erwartest von mir ein Geben? Weil du gibst? Pech gehabt!“ wäre eine saloppe Abkürzung dieses Verhaltens.

Erwartungen in Beziehungen: Ein Detailblick

Und hier kommen dann die Begriffe Erwartungserfüllung bzw. auch Erwartungssicherheit.

Es gibt Paare, die „schwingen“ in der Kommunikation in einer Frequenz. Die Erwartungen sind am Anfang (meist) dosiert und man erfüllt sich gegenseitig. Im Laufe der Beziehung verschieben sich u.U. folgende Dinge:

  • Anzahl/Häufigkeit der Erwartungen
  • Tiefe der Erwartungen
  • Art der Erwartung
  • Motivation des Gebens  (und auch des Nehmens)
  • Änderungen des eigenen Empfindens (Bewerten der Situation / bspw. durch Vorträge, Gespräche, Bücher etc)

Letzteres hat m.E. die stärkste Bedeutung, denn diese ändert das Empfinden zur Anzahl, Tiefe, Art und auch (spekulative) Motivation. Was früher kein Problem war, ist jetzt ein Problem, und zwar weil es u.a. durch einen „Vortrag“ zu einem Problem erklärt wurde. Plötzlich erlangt man im Nachhinein die Erkenntnis dass es schon immer Scheiße war, nur war einem das nicht bewusst, bzw hat man es so nicht gefühlt. Aber jetzt fühlt man es ganz deutlich.

So wie man einen Ex im Nachhinein „vergoldet“, weil man ihn wieder haben will, kann man auch Personen oder Situationen im Nachhinein als „Lebenslüge“, „Heuchelei an sich selber“ (Selbstbetrug) definieren. Ob das für die Seele gesund ist, sei dahin gestellt.

Die Dosis macht das Gift – auch bei Erwartungen in Beziehungen

Die Dosis macht das Gift. Die Dosis solcher Vorträge, Sitzungen, Gespräche sind auch damit gemeint. Je nach Worte wirken sie zu stark, da schwarz oder weiß zu stark thematisiert werden, und alles grau ausblendet. Das Ziel sei sich mit dem Thema zu beschäftigen, einen „Gedankenprozess“ in Gang zu bringen. Das tut es. Manchmal bis zur Beendigung einer Partnerschaft. Letzteres tut vielen gut, vielen aber auch nicht.

Meine persönliche Erfahrung ist, dass es legitim ist eine gewisse Erwartungshaltung zu haben mit dem Wunsch der Erwartungserfüllung. Sie darf nicht zu viel sein, keine Frage. Und hier steckt der Casus knaxus: „Ist es zu viel verlangt das,…..“ wäre so ein typischer Satz der den Unterschied der Gewichtung dar stellt. Im Laufe der Zeit verschiebt sich in einer Partnerschaft das Empfinden darüber, dann ist es notwendig klar und auf sachlicher Ebene über sein Empfinden was Erwartungen betrifft zu sprechen. Empfindungen sind abhängig von Emotionen. Bin ich böse empfinde ich eine Situation anders als bei Freude.

„Ist es zu viel verlangt 3 Std auf den Hund auf zu passen?“ „bzw „mal mit dem Hund raus zu gehen?“ein häufiges Streitthema. Kinder gehören auch dazu. Das Kind ab zu holen, zu bringen, sich mit dem Kind zu beschäftigen…alles hat etwas mit den unterschiedlichen Auffassungen der zu erfüllenden Erwartungen zu tun. Wenn der Partner eine Woche auf den Hund aufpasst während der andere im Urlaub ist, sieht er im Umkehrschluss kein Problem dass der andere dann mal am WE den Hund komplett hat. Manchmal vergisst man die Wagschale und fühlt sich benachteiligt.

Wenn ein Partner im Krankenhaus landet, erwartet dieser, dass sein Partner ihn zeitnah besuchen kommt. Da werden alle übereinstimmen.

Geht es aber um die eigene Zeit außerhalb einer Erkrankung (Beispiel Krankenhaus), Einfluss auf die eigene Lebensweltorientierung (nach Hans Thiersch) klaffen Erwartungshaltung und Erwartungssicherheit manchmal auseinander.

„Ich erwarte, dass du den Wunsch, hast dass wir zusammenziehen“ wäre eine Stufe der Erwartungshaltung bei der man bei der Aussage „Nein, deiner Erwartung möchte ich nicht nachkommen. Ist nichts persönliches gegen dich, ich liebe dich, aber ich habe aufgehört die Erwartungen anderer zu erfüllen“ zukunftstechnisch ins Wanken gerät.

Die Dosis macht das Gift. Manchmal ist ganz wenig giftig, und in hoher Dosis wiederum nicht. Auch das gibt es in der Natur. Und auch in der zwischenmenschlichen Beziehung. Und auch in der Erwartungserfüllung.

Wie hört sich dieser Satz an? :

„ Ich habe aufgehört von dir etwas zu erwarten“

Auch nicht schön so etwas zu hören, oder?

Ist dieser Satz eine Re-Aktion? Als Folge weil der Partner bspw. mehrfach klar gemacht hat dass er „die Erwartungen des Partners nicht „immer“ erfüllen mag“. Wenn dieser Satz  immer häufiger als Grund wurde und immer weiter ausgedehnt ( in Bezug auf „ist es zu viel verlangt, daß….“) hat das in der Wechselwirkung Folgen.

Wie viel Erfüllung von Erwartungen ist gesund, wie viel ist zu viel? Ist das ständige auslosten der Wagschale vermeidbar? Oder gehört sie dazu?

Fazit:

Das Erfüllen von Erwartungen ist per se nicht schlecht, denn sie schenkt Vertrauen, Sicherheit, sie stärkt Bindung, gibt Zukunftsplanungssicherheit. Seine Erwartungen ganz weit runter zu reduzieren weil der Partner sie (subjektiv) zu wenig erfüllt oder erfüllen mag ist u.U. mit dem Preis der Zukunftsplanung verbunden den man zahlt. Die „Erwartungssicherheit“ gibt uns, es steckt im Wort; eben Sicherheit. Ein Kind braucht unabdingbar die Erwartungssicherheiten, es muss sich auf die Eltern verlassen können. In dieser Sicherheit kann ein kleiner Mensch wachsen und gedeihen. Wer der Meinung ist dass dies mit 18 Jahren und als Erwachsener dann nicht mehr das Richtige ist, und die bessere Strategie keine Erwartungserfüllungen mehr zu geben, wird Bindungsschwierigkeiten bekommen.

Ein Beispiel (selbst erlebt):

Eine alleinerziehende Mutter macht Ihrer 3,5 jährigen Tochter das Versprechen morgen in den Zoo zu fahren. Das Kind freut sich so dermaßen dass es kaum schlafen kann, steht früh auf weil es vor Freude ganz aufgeregt ist. Der Mutter erscheint es aber nun „zu anstrengend“ bzw hat sie doch keine Lust, sagt ihrem Kind dass sie heute doch nicht in den Zoo fahren und setzt das Kind vor den Fernseher. Was ist passiert, bzw viel wichtiger…was passiert im Laufe der Zeit mit dem Kind, wenn es erfährt dass es gar keine Erwartungssicherheit hat? Wie wird im Laufe der Zeit so ein Mensch, mit solchen Erfahrungen. Manch Erwachsener meint eine Taktik wäre nun erst gar keine Aussagen zu machen um sich keiner Erwartungserfüllung stellen zu müssen. Die Frage stellt sich dann aber wie es mit „Planung“ aussieht. Kann bspw ein Partner Zukunft planen wenn der andere signalisiert dass er stets keine Erwartungen anderer erfüllen möchte, ergo auch keine Sicherheiten bietet bzw bieten möchte oder gar kann?

 

Es ist die Frage der Anzahl und der Gewichtung (Art) der Erwartungengserfüllungen.

Wenn die Eltern bspw von der Tochter (oder Sohn) ein Enkel erwartet, weil es nun mal ihre Wertevorstellung ist, ist die Erfüllung solche einer Erwartung anders gewichtet wie bspw das erscheinen um ca 18:00 zum Abendessen. Was Kinder bekommen betrifft,  gibt es übrigens nicht wenige die die Erwartungen der Eltern (Großeltern) und der umgebenden Gesellschaft (Freunde, Kollegen, Familie…Lebensweltorientierung nach Thiersch) erfüllen möchten und sich diesen Wunsch dann auch einreden, tief im Inneren sie aber wissen dass sie diese Verantwortung und diese Lebensumstellung gar nicht haben wollen. Hinterher ist das Erwachen groß, aber nur die allerwenigsten gestehen sich dann auch ein dass sie lieber hätten kein Kind geboren. Es klingt auch nicht gut.

Krankheit, Kinder, Geld, Familienmitglieder (allen voran Schwiegereltern!) und auch Beruf…hier muss sich der Partner auf den anderen verlassen können. Die Dosis ist in Gesprächen und aufgestellten definierten Regeln zu eruieren.  Hier sind Partnerschaften gefragt über längere Zeit gemeinsam zu justieren, denn mit der zeit ändern sich wie bereits beschrieben die Gewichtungen. Wer dann auf Prinzipien reitet bleibt stehen. Wenn einer stehen bleibt und der andere seine Prinzipien stets verlässt damit es weiterhin passt, gibt es auf Dauer einen Gewinner und einen Verlierer. Manchmal stehen Paare in einer Sackgasse was das Justieren der Erwartungen betrifft.

„Ich erwarte nichts und freue mich dann umso mehr wenn es so kommt“ ist eine Strategie. Für das genießen des Momentes. Es gibt solche „freien“ Beziehungen, bzw auch Partnerschaften die sich dorthin entwickelt haben. Wenn beide Parteien mit solch wenig oder gar keiner Erwartungshaltung gegenüber einverstanden sind, funktioniert das. Aber…..Hier spielt auch der Selbstbetrug eine Rolle: Sagt der Partner „Ich bin krank und kann leider nicht mitkommen, Geh´du nur auf die Party, habe viel Spaß, ich gönne es dir!“ Dieses „Geben“ ist ehrenhaft, dennoch kann man das mit zweierlei Maß messen. Zum Einen ist es gönnerhaft und demütig, der Partygänger ist dankbar. Ob ganz tief drinnen doch beim Kranken, auch wenn er es anders sagt, die Freude größer gewesen wäre wenn der Partner mit ihm zu Hause bleibt? Wie viel bindende Sicherheit würde es dem Kranken geben wenn der Partner zu Hause bleibt um damit zu zeigen wie wichtig der Partner ist? Manchmal möchte man selbstloser sein als man ist, gesteht sich aber so manch Wunsch der Erwartungserfüllung nicht zu und äußert sie daher auch nicht. Wer sagt denn schon von sich dass er sich selbst betrügt? Die Erkenntnis bzw das Eingeständnis das man sich selbst betrügt, liegt immer in der Vergangenheit: Als Mediator bekomme ich immer zu hören dass man sich in Vergangenheit selbst betrogen hat, aber selten dass man sich gerade jetzt oder immer wieder mit einigen Dingen selbst betrügt.

Die Frage stellt sich eben ob jemand gerne mit einem Menschen eine Partnerschaft oder gar eine Wohngemeinschaft eingehen möchte, der sich im überwiegenden Maß mit der Abwehr von Erwartungserfüllungen aus dem „Geben und Nehmen“ entzieht. Wir sind alle nur Menschen und keine Propheten die übers Wasser gehen können.

Herzlichst Gregor

Tags: Beziehungscoaching, Eheberatung Bad Hersfeld, Paarcoaching, Konfliktcoaching