Wusstest du, dass Epstein-Barr-Viren deinen Stoffwechsel manipulieren können?
Das klingt erstmal dramatisch, ist aber biochemisch ziemlich logisch. Das Virus beeinflusst gezielt, wie dein Körper mit Tryptophan umgeht, einer Aminosäure, die du für Serotonin brauchst, also für deine Stimmung, Energie und geistige Klarheit. Wenn EBV aktiv ist, kann es den Tryptophan-Stoffwechsel so umlenken, dass daraus vermehrt Kynurenin und neuroaktive Abbauprodukte entstehen, anstatt stimmungsaufhellendes Serotonin.
Das geschieht vor allem, wenn das Immunsystem durch chronischen Stress, Schlafmangel, Nährstoffdefizite oder andere Belastungen geschwächt ist. Dann kann das Virus, das bei fast jedem Menschen im Körper schlummert, wieder aufwachen, oft ohne klassische Symptome, aber mit deutlichen Auswirkungen auf den Stoffwechsel, die Psyche und das Energielevel.
Das Epstein-Barr-Virus gehört zur Familie der Herpesviren und bleibt nach der Erstinfektion (meist in der Jugend) dauerhaft im Körper. Normalerweise hält das Immunsystem es in Schach. Wenn aber der Organismus dauerhaft überfordert ist, kann EBV wieder aktiv werden. Diese Reaktivierung verläuft meist still. Meist keine Halsschmerzen, kein Fieber, aber sie aktiviert die Immunabwehr kontinuierlich auf niedriger Flamme.
Aktivierte Immunzellen (v. a. Makrophagen und T-Lymphozyten) setzen dabei entzündungsfördernde Botenstoffe frei:
- Interferon-Gamma(IFN-Gamma)
- Tumornekrosefaktor-alpha (TNF-Alpha)
- Interleukin-6 (IL-6)
Diese Zytokine stimulieren das Enzym IDO (Indolamin-2,3-Dioxygenase). Das ist ein Schlüsselenzym des Kynurenin-Stoffwechsels. Dadurch wird Tryptophan gezielt vom Serotoninweg in den Kynureninweg umgeleitet. Der Körper macht das bewusst: Er entzieht Viren die Aminosäure Tryptophan, die sie zur Vermehrung benötigen, und dämpft gleichzeitig über IDO übermäßige Entzündungsreaktionen.
Das ist kurzfristig sinnvoll, langfristig aber problematisch, weil dadurch die Serotoninproduktion sinkt und vermehrt neurotoxische Metabolite entstehen, die Nervenzellen belasten und die Stimmung beeinflussen.
Wenn IDO dauerhaft aktiv bleibt, steht weniger Tryptophan für die Bildung von Serotonin und Melatonin zur Verfügung. Stattdessen entstehen Kynurenin, 3-Hydroxykynurenin und schließlich Quinolinat.
Ein Teil dieser Stoffe, etwa Kynurensäure, hat zwar schützende Eigenschaften (neuroprotektiv), doch andere, besonders Quinolinat, wirken neurotoxisch. Quinolinat überstimuliert bestimmte Rezeptoren im Gehirn, was zu Übererregung, oxidativem Stress und mitochondrialer Dysfunktion führt.
Das erklärt, warum Menschen mit latenter EBV-Aktivierung häufig Symptome entwickeln, die stark an Depression, Burnout oder chronisches Erschöpfungssyndrom erinnern:
- Anhaltende Müdigkeit trotz Schlaf
- Brain Fog, Konzentrations- und Gedächtnisprobleme
- Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit, emotionale Instabilität
- Muskelschmerzen, diffuse Gliederschmerzen, Kraftlosigkeit
- Erhöhte Stress- und Reizempfindlichkeit
Manche reagieren sogar paradox auf Tryptophan oder 5-HTP, weil diese Substanzen in der aktiven Entzündungsphase vermehrt in den Kynureninweg abgelenkt werden, was die Beschwerden verschlimmern kann.
Bei Verdacht auf eine EBV-Reaktivierung lohnt sich der Blick auf virologische und entzündungsbezogene Marker, schaut Ihr Hausarzt darauf?:
EBV-spezifisch:
- EBV-VCA-IgG und EBNA-IgG = durchgemachte Infektion
- EA-D-IgG oder -IgA = Hinweis auf Reaktivierung
Immunaktivierung / Kynureninweg:
- Tryptophan/Kynurenin-Quotient (erniedrigt bei aktiver IDO)
- Quinolinat (neurotoxischer Endmetabolit)
- IL-6, TNF-α, IFN-γ (proinflammatorische Zytokine)
- CRP (oft nur leicht erhöht)
Ein erniedrigter Tryptophan/Kynurenin-Quotient in Kombination mit erhöhtem Neopterin oder IL-6 spricht klar für eine chronische Immunaktivierung – EBV ist einer der häufigsten Auslöser.
EBV ist nicht der einzige Erreger, der diesen Stoffwechselweg beeinflusst. Auch SARS-CoV-2 (und andere Coronaviren) sowie Borrelia burgdorferi können den Kynureninweg aktivieren.
Bei einer Coronavirus-Infektion, insbesondere bei Long Covid, kommt es häufig zu einer anhaltenden Freisetzung von Interferon-Gamma, IL-6 und TNF-alpha. Diese Zytokine aktivieren ebenfalls IDO, was den Tryptophanabbau in den Kynureninweg verschiebt. Studien zeigen bei Long-Covid-Patienten deutlich erniedrigte Tryptophan/Kynurenin-Quotienten und erhöhte Quinolinatspiegel, was die typischen Symptome wie Erschöpfung, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen und kognitive Einschränkungen erklärt.
Auch Borrelien (bei chronischer oder post-borreliöser Symptomatik) lösen eine ähnliche Immunantwort aus. Durch die kontinuierliche Aktivierung von Makrophagen und T-Zellen entstehen dieselben Zytokine, die wiederum IDO stimulieren.
Die Folge: weniger Serotonin, mehr Kynurenin, mehr neuroaktive Metabolite und somit ähnliche Symptome wie bei EBV oder Long Covid.
Das Muster ist also immer gleich:
- Chronische Entzündung aktiviert IDO
- Tryptophan wird umgeleitet
- Serotonin sinkt, Kynurenin steigt
- Energie, Stimmung und kognitive Leistung leiden
In dieser Konstellation wäre es kontraproduktiv, einfach Tryptophan oder 5-HTP zuzuführen. Solange Entzündung oder virale Aktivität bestehen, wird Tryptophan weiter im Kynureninweg verbrannt, mit potenziell ungünstigen Folgen.
Fazit: Serotonin hat keine Wirkung!
Der bessere Ansatz:
erst Immunsystem und Entzündung regulieren, bevor man an Serotonin denkt. Zum Beispiel:
Darmgesundheit stabilisieren, da 70 % der Immunzellen im Darm sitzen
Mikronährstoffstatus ausgleichen (Zink, Selen, Magnesium, Vitamin D, aktive B-Vitamine, Jod)
Entzündungsmodulierende Pflanzenstoffe einsetzen (Curcumin, Quercetin, EGCG, Resveratrol)
Mitochondrien stärken (NAD⁺-Vorstufen, CoQ10, Riboflavin, Carnitin)
Stressachse regulieren (Schlaf, Atemarbeit, Nervensystem-Regulation)
Wenn Entzündung, Stress und Viruslast unter Kontrolle sind, beruhigt sich der Kynureninweg meist von selbst, und der Tryptophan-Serotonin-Stoffwechsel kann sich wieder normalisieren.
Epstein-Barr-Viren, Coronaviren und auch Borrelien können deinen Tryptophan-Stoffwechsel deutlich beeinflussen. Sie tun das über Entzündungsbotenstoffe wie Interferon-Gamma, IL-6 und TNF-alpha, die das Enzym IDO aktivieren. Dadurch wird Tryptophan vom Serotoninweg abgezogen und stärker über den Kynureninweg verstoffwechselt. Das kann sich in Erschöpfung, Stimmungstiefs, Brain Fog, Schlafproblemen oder verminderter Belastbarkeit äußern.
Bevor man also zu serotoninfördernden Substanzen greift, sollte man prüfen, ob dieser Entzündungsweg aktiv ist und gegebenenfalls zuerst das Immunsystem, die Mitochondrien und die Stressregulation stabilisieren. Erst danach lohnt sich der Blick auf Serotonin und Tryptophan.